Röhrenverstärker

Autor: Andre Adrian
Version: 22.Apr.2019

Einleitung

Röhrenverstärker klingen gut. Röhrenverstärker sehen gut aus durch die leuchtenden Röhren. Röhrenverstärker eignen sich für den Selbstbau. Es gibt ein großes Interesse an Röhrenverstärkern. Diese Internet-Seite beschreibt verschiedene HiFi Röhrenverstärkers für "arme Leute". Die Schaltung eines Röhrenverstärkers wird erklärt, die Beschaffung der Bauteile wird besprochen und eine Anleitung für die Simulation der Röhrenschaltungen mit SPICE gibt es auch.

Inhaltsverzeichnis


Geschichte

Ab den 1920er Jahren hatte die Elektronenröhre zwei große Einsatzgebiete, einmal im Radioempfänger und zweitens als Telefonverstärker. Nachdem Radio mit Lautsprecher und nicht mehr mit Kopfhörer gehört wurde, war in jedem Radioempfänger ein Röhrenverstärker eingebaut. Ab den 1930er Jahren gab es Röhrenverstärker mit einer Leistung von einigen zehn Watt. Mit diesen Leistungsverstärkern konnte ein kleiner Saal beschallt werden. Irgendwann entdeckten Sänger und Musiker neue Einsatzmöglichkeiten von Röhrenverstärkern. Die Verbindung zwischen E-Gitarre und Röhrenverstärker ist besonders eng. Ohne Verstärker ist ein Musiker mit E-Gitarre ein Nichts. Aber mit einem Verstärker wird der Gitarrist zum Gigant. Etliche Gitarristen haben ihren Röhrenverstärker "missbraucht" um interessante musikalische Effekte zu erzielen. Der eine Gitarrist hat den Röhrenverstärker benutzt um aufheulende Töne zu spielen. Der nächste Gitarrist hat den Verstärker gnadenlos übersteuert um verzerrte Töne aus der Gitarre zu locken. Die Hersteller von Röhrenverstärkern wie Marshall, Fender oder Vox hatten ihre Verstärker nicht als Effektgeräte geplant. Eigentlich sollte das Ausgangssignal des Röhrenverstärkers eine gute Kopie des Eingangssignals sein. Dieses Ziel haben die Hersteller der bekannten Röhrenverstärker für E-Gitarre zur Freude der Rockmusiker nicht erreicht.

Radiotron 1939 Röhrenverstärker



Der Radiotron Verstärker wurde beschrieben in dem Buch "Radiotron Designer's Handbook, Third Edition" aus dem Jahr 1941. Das Radiotron Buch war ein Standard-Werk für die Elektronik-Ingenieure der Röhrenära.
Die Schaltung benutzt vier Röhren für die Niederfrequenzverstärkung. Die erste Röhre, die linke 6J7-G Pentode, bildet eine Vorverstärker-Stufe. Die zweite 6J7-G Pentode arbeitet als "phase splitter", als Phasenumkehr-Stufe. Die beiden Pentoden 6L6-G bilden die "push-pull" oder Gegentakt-Endstufe.

Vorverstärker

Das Eingangssignal liegt an den beiden linken Kreise. Über den "Master Volume" Potiometer gelangt das Eingangssignal direkt auf das Steuergitter der ersten 6J7-G. Zwischen Kathode der Vorverstärker Pentode und Masse liegt die Parallelschaltung von einem 2000Ω Widerstand und einem 25µF Elektrolyt-Kondensator (Elko). Diese beiden Bauteile sorgen für eine kleine Gleichspannung an der Kathode. Die Kathode ist positiver als das Steuergitter. Oder, anders betrachtet, das Steuergitter ist negativer als die Kathode. Damit die Elektronenröhre ohne Eingangsleistung angesteuert werden kann, muss die Steuergitter-Spannung negativer als die Kathoden-Spannung sein. Durch die Röhre 6J7-G fließt ein Gleichstrom, welcher im Takt der Musik schwankt. Diese Schwankung ist aber nicht stark. Nach dem Ohm'schen Gesetz U = R * I (Spannung am Widerstand ist gleich Widerstands-Wert mal dem Strom durch den Widerstand) ergibt sich die Kathodenspannung. Der 25µF Elko dämpft die Spannungsschwankung an der Kathode. Die Anode der ersten 6J7-G liegt über einen 0,25MΩ (250kΩ) Widerstand an der Versorgungsspannung von 425V. Zwischen Kathoden und Anoden Anschluss wirkt die Röhre wie ein einstellbarer Widerstand. Die Spannung zwischen Steuergitter und Kathode bestimmt ob die Kathode-Anode-Strecke hochohmig oder niederohmig ist. Die Spannung an der Anode hängt vom Widerstandsverhältnis von dem 250kΩ Widerstand und dem Kathode-Anode-Widerstand ab. Wird die Eingangsspannung negativer, so wird der Kathode-Anode-Widerstand größer und die Spannung an der Anode steigt. Wird die Eingangsspannung positiver, so wird der Kathode-Anode-Widerstand kleiner und die Spannung an der Anode sinkt.
Zwischen Anode und Masse liegt ein Kondensator von 0,0001µF (100pF). Dieser Kondensator verringert die obere Grenzfrequenz des Verstärkers. Oft wird ein solcher Kondensator eingebaut um wilde Schwingungen des Verstärkers zu vermeiden.
Das Schirmgitter der ersten Röhre ist über einen 1,5MΩ Widerstand mit der Anode der dritten Röhre verbunden. Diese Verbindung realisiert eine Gegenkopplung. Die Gegenkopplung wird später vollständig besprochen.

Phasenumkehr

Die Phasenumkehr-Stufe ist wegen der Gegentakt-Endstufe nötigt. Die beiden Endpentoden benötigen für die Ansteuerung zwei Signale welche gegenphasig sind. Wird das eine Signal positiver, so muss das andere Signal negativer werden. Die Phasenumkehr erzeugt aus einem Eingangssignal zwei gegenphasige Ausgangssignale. Viele "Distortion"-Effekte eines Röhrenverstärkers entstehen in der Phasenumkehr-Stufe. Die Phasenumkehr-Stufe hat einen Kathodenwiderstand und einen Anodenwiderstand von je 100kΩ. Wird die Kathode-Anode-Strecke niederohmiger, dann steigt der Strom durch Kathodenwiderstand und Anodenwiderstand. Gegenüber Masse steigt die Spannung an der Kathode, die Spannung an der Anode sinkt. Die beiden gegenphasigen Ausgangssignale entstehen am Kathodenwiderstand und Anodenwiderstand.
Damit die Spannung an der Kathode positiver ist als am Steuergitter, gibt es den 5000Ω Widerstand an der Kathode. Der 0.02µF (20nF) Kondensator und der 1MΩ Widerstand am Steuergitter der zweiten Röhre bilden die RC-Kopplung zwischen erster und zweiter Pentode. Ohne Eingangssignal hat die Anode der ersten Röhre eine Spannung von einigen Hundert Volt. Das Steuergitter der zweiten Röhre hat eine deutlich kleinere Spannung. Der 0.02µF Kondensator hat zwischen seinen Platten eine Gleichspannung. Solange der Spannungsunterschied zwischen den Kondensatorplatten gleich bleibt, fließt kein Strom durch den Kondensator. Schwankt die Spannung an der einen Kondensatorplatte, dann schwankt auch die Spannung an der anderen Kondensatorplatte. Der 1MΩ Widerstand ist der Gitterableitwiderstand. In der Röhren fliegen Elektronen von der Kathode durch das Steuergitter zur Anode. Einige dieser Elektronen verirren sich auf das Steuergitter. Elektronen auf dem Steuergitter reduzieren den Elektronenstrom zwischen Kathode und Anode. Über den Ableitwiderstand gelangen diese Elektronen zur Masse und "verstopfen" nicht das Steuergitter.

Gegentakt-Endstufe

Die beiden Endstufen Pentoden arbeiten weitgehend unabhängig voneinander. Die Kopplung zwischen Phasenumkehr und Endstufe erfolgt mit einem RC-Glied. Der Koppelkondensator hat 0.1µF (100nF), der Ableitwiderstand hat 250kΩ. Am Steuergitter liegt ein Widerstand von 0,01kΩ (100Ω). Dieser Widerstand ist die Schwingbremse. In der Röhre liegt zwischen Steuergitter und Kathode eine Kapazität. Zusammen mit einer Induktivität außerhalb der Röhre ergibt sich ein Schwingkreis. An der Anode der Röhre liegt mit dem Ausgangsübertrager eine Induktivität. Der Miller-Effekt beschreibt wie aus Schwingkreis am Eingang und Induktivität am Ausgang ein Oszillator entsteht. Der Schwingbremse-Widerstand liegt in Reihe zu C und L des Schwingkreises und senkt die Schwingkreisgüte. Ein solcher gedämpfter Schwingkreis reagiert wenig auf den Miller-Effekt. Übrigens: Wenn die Endstufe wild schwingt entstehen meistens Frequenzen die weit oberhalb der hörbaren Töne liegen. Der Verstärker "verstopft". Der Klang ist oft dumpf.
Die Kathoden der beiden Endpentoden sind verbunden. Zwischen Kathoden und Masse liegt ein RC-Glied wie bei der Vorstufe. Das RC-Glied aus 200Ω Widerstand und 25µF Elko erfüllt die gleiche Aufgabe wie beim Vorverstärker. Die Kathode ist positiver als das Steuergitter.
Die Anoden der beiden Endpentoden liegen über die Primärwicklungen des Ausgangsübertragers an der Versorgungsspannung. Die Primärwicklung hat einen Widerstand von 100 bis 200 Ohm. Wichtiger für die Funktion der Verstärkers ist aber die Induktivität der Primärwicklung. Für eine Frequenz von 1000Hz bedeutet die Induktivität der Primärwicklung eine Impedanz von einigen Tausend Ohm. Die Stromschwankungen in den Primärwicklungen werden auf die Sekundärwicklung übertragen. Die Stromschwankungen im Lautsprecher bewegen die Lautsprecher-Membran und unser Ohr interpretiert die durch die Membran ausgelösten Luftdruckschwankungen als Töne.
Die Schirmgitter der Endpentoden werden über einen Spannungsteiler aus den Widerständen 1400Ω und 5000Ω mit Spannung versorgt. Diese beiden Widerstände werden recht heiß. Bei einer Versorgungsspannung von 425V fließt durch die beiden Widerstände ein Strom von 66mA. Die Leistung wird berechnet aus P = U * I (Leistung ist gleich Spannung mal Strom). Beide Widerstände verwandeln 28W elektrische Leistung in Wärme. Ein Elko mit 8µF Kapazität glättet die Schirmgitter-Spannung.

Gegenkopplung

Ein HiFi Verstärker soll das Eingangssignal verstärken und nicht verzerren. Ein Gitarren-Röhrenverstärker ist kein HiFi Verstärker, hier wird vom Musiker oft eine "interessante" Verzerrung gewünscht. Heute benutzen Musiker Effektgeräte wie das Tube-Zipper von Electro Harmonix für die "Distortion". Ein Open-Air Konzert arbeitet mit etlichen tausend Watt Leistung aus Transistor-Verstärkern. Diese Verstärker können ein vom Effektgerät verzerrtes Signal wiedergeben, aber ehrlich gesagt niemand möchte hören wenn ein Transistor-Verstärker aufgrund von Übersteuerung eine Clipping-Distortion erzeugt, das hört sich einfach nur schrecklich an.
Die Gegenkopplung soll aus einem Verstärker der verzerrt einen Verstärker machen der nicht verzerrt. Hierzu wird ein Teil des Ausgangssignals wieder am Eingang eingespeist. Zurückgekoppeltes Ausgangssignal und Eingangssignal arbeiten gegeneinander, deshalb Gegenkopplung. Durch Gegenkopplung sinkt die Verstärkungsfaktor des Verstärkers. Die von der Gegenkopplung "aufgefressene" Verstärkung wird benutzt um die Verzerrungen zu verkleinern. Im Radiotron Verstärker erfolgt die Gegenkopplung zwischen Anode einer Endpentode und Schirmgitter der Vorstufen-Pentode. Zwei Widerstände mit den Werten 1,5MΩ und 0,03MΩ (30kΩ) bilden einen Spannungsteiler. Die Spannungsschwankung an der Anode der Endpentode kommt reduziert am Schirmgitter der Vorstufen-Pentode an. Das Schirmgitter beeinflusst wie das Steuergitter den Elektronenstrom zwischen Kathode und Anode. Der Elektronenstrom reagiert auf Änderungen der Schirmgitter-Spannung viel weniger empfindlich als auf die Änderungen der Steuergitter-Spannung. Die Gegenkopplung des Radiotron Verstärkers ist schwach. Die Verstärkung wird wenig reduziert, die Verzerrungen werden ebenfalls wenig reduziert.

Arme Leute Röhrenverstärker Nr. 1

Der "Arme Leute" Verstärker ist ähnlich aufgebaut wie der Radiotron 1939 Röhrenverstärker. Es gibt aber auch einige Unterschiede. So hat der "Arme Leute" Verstärker keine Gegenkopplung über mehrere Stufen. Die Vorstufe und die Phasenumkehr wird mit der Doppeltriode ECC83 durchgeführt, nicht mit zwei Pentoden. Die Endstufe besteht aus zwei EL84 Pentoden. Wie bei der EL84 üblich liegen die Schirmgitter direkt an der Versorgungsspannung.
Der größte Sparposten am "Arme Leute" Verstärker ist der Ausgangsübertrager. Es wird ein Netztrafo benutzt. Ein Trafo mit zwei Primärwicklungen für 115V und Sekundärwicklung für 6V hat das passende Übersetzungsverhältnis für eine EL84 Endstufe. Ein Netztrafo arbeitet bei 50Hz. Als Ausgangsübertrager eingesetzt hat ein Netztrafo deshalb keine Probleme mit tiefen Tönen. Bei einer Gegentaktendstufe ist auch kein Luftspalt nötig. Natürlich ist das Wicklungsschema bei einem Netztrafo nicht so ausgefeilt wie bei einem Ausgangsübertrager. Mit einem "echten" Ausgangsübertrager wäre der Arme Leute Verstärker aber nicht mehr günstig und nichts mehr für arme Leute. Weil der Arme Leute Verstärker keine Gegenkopplung von der Sekundärseite des Übertragers hat, ist die Induktivität des Übertragers wichtig für den Frequenzgang. Für jede Endstufe gibt es eine optimale Induktivität. Eine größere Induktivität bevorzugt die tiefen Frequenzen zum Nachteil der hohen Frequenzen, eine kleinere Induktivität benachteiligt die tiefen Frequenzen zugunsten der hohen Frequenzen.Der Hochleistungs-Übertrager 53.19 von Reinhöfer electronic hat eine Induktivität der Primärwicklung von 70H bei 30Hz.


Vorstufe

Über den Potiometer R16 gelangt das Eingangssignal an das Steuergitter von U1, einer ECC83. R16 sollte einen Wert von ungefähr 100kΩ und einen logarithmischen Widerstandsverlauf haben. Die Kathodenspannung an U1 von ungefähr 1,5V entsteht durch den Widerstand R1. Die Spannungsverstärkung der Vorstufe ergibt sich aus der Verhältnis R2 / R3. Wird der Widerstand R3 wie in dem Radiotron Verstärker mit einem Elko überbrückt, dann steigt die Spannungsverstärkung der Vorstufe, aber auch die Verzerrungen. Im Arme Leute Verstärker gibt es Gegenkopplung, auch wenn diese nicht sofort auffällt. Die Gegenkopplung wirkt immer nur auf eine Verstärkerstufe. Diese Art der Gegenkopplung bereitet keine Probleme.
Der Widerstand R7 und der Elko C1 sieben die Versorgungsspannung für die Vorstufe und der Phasenumkehr. An C1 liegen 260V.

Phasenumkehr

Der "phase splitter" rund um U2 hat den Arbeitswiderstand R5 an der Anode und R6 an der Kathode. An der Kathode von U1B lassen sich ungefähr 17V messen. An C3 und C4 entstehen gegenphasige Signale für die Ansteuerung der Endstufe. Die Gegenkopplung der Phasenumkehr-Stufe erfolgt durch R4 und R6. U1 und U2 sind die beiden Trioden in einer ECC83.

Endstufe

Die Endpentode U3 hat am Steuergitter den Ableitwiderstand R8. Die Schwingbremse R10 verhindert wilde Schwingungen. Der hohe Wert von 10kΩ ist nötig weil die EL84 als steile Pentode eine hohe Verstärkung hat. Der Widerstand R12 sorgt für eine Kathodenspannung von ungefähr 9V. Der Ausgangsübertrager hat die zwei Primärwicklungen L1, L2 und zwei Sekundärwicklungen L3, L4. Der Ausgangsübertrager ist ein 10VA Netztrafo für zweimal 115V Eingangsspannung und zweimal 6V Ausgangsspannung. Die beiden 6V Sekundär-Wicklungen werden parallel geschaltet. Die Impedanz des Lautsprechers, RL, kann zwischen 4Ω und 8Ω liegen. Laut EL84 Datenblatt beträgt die maximale Ausgangsleistung der Endstufe 11W.

Simulationswerte

Die Schaltung wurde unter LTSpice simuliert und optimiert. Die Intermodulation von 43.5dB wurde mit zwei Sinussignalen gleicher Amplitude und Frequenz von 10kHz und 10.2kHz gemessen. Die Oberwellen (Harmonics) von 42dB wurden bei 10kHz gemessen und sind die Differenz zwischen Nutzsignal und stärkster Oberwelle. Die Spannungsverstärkung (Amplification) beträgt 18.8dB bei 1kHz. Der 3dB Frequenzgang (Attenuation 3dB) reicht von 36Hz bis 208kHz. Die obere Grenzfrequenz dürfte nicht erreicht werden. Die Simulation des Ausgangsübertragers enthält keine Kapazitäten. Der Verstärker erfüllt die Norm DIN 45500 welche für HiFi Verstärker einen Frequenzgang von 40Hz bis 16kHz bei +- 1,5dB verlangt.

Stückliste

Die Stückliste ist gültig für einen Mono-Verstärker. Für einen Stereo-Verstärker müssen alle Bauteile, mit Ausnahme von R16, doppelt beschafft werden. Die Röhren und Röhrenfassungen erhält man bei Frag Jan zuerst deutlich günstiger als bei Conrad.

Bauteil
Beschreibung
Lieferant
Artikel
U1
ECC83 oder 12AX7
Conrad
Best.-Nr.: 120863 - 62
U2, U3
EL84 oder 6BQ5
Conrad
Best.-Nr.: 121525 - 62
U1, U2, U3 Fassung Noval-Fassung Conrad Best.-Nr.: 120561 - 62
C1
Elko 47uF, 350V
Reichelt
AX 47/350
C2, C3, C4
Kondensator 100nF, 400V
Reichelt MKS-4-400 100N
R16
Potiometer 100kΩ, stereo, logarithmisch
Reichelt PO6S-LOG 100K
R2
Metallschicht 100kΩ Reichelt METALL 100K
R1, R4
Metallschicht 4,7kΩ Reichelt METALL 4,70K
R3, R8, R9
Metallschicht 1MΩ Reichelt METALL 680K
R5, R6
Metallschicht 47kΩ
Reichelt METALL 47,0K
R7, R10, R11
Metallschicht 10kΩ Reichelt METALL 10,0K
R12, R13
Metallschicht 130Ω, 2W
Reichelt
2W METALL 130
L1 bis L4
Ausgangsübertrager Flach-Netztrafo 2*115V auf 2*6V; 10VA
besser geeignet ist Hammond 1608
Reichelt
UI 39/8 206

Ultra-Linear Modifikation

Laut STC Application Report zur 6BQ5 (EL84) Pentode von 1957 sinkt durch die Ultra-Linear Schaltung der Klirrfaktor von 2,3% auf 0,7%. Die Ultra-Linear Schaltung wurde 1938 von dem Engländer Alan D. Blumlein als US-Patent Patent 2218902 "Thermionic Valve Amplifying Circuits" angemeldet. Für die Ultra-Linear Modifikation ist ein Ausgangsübertrager mit Anzapfung bei 40% oder 50% der Windungszahl nötig. Von tube-town gibt es den Hammond 1608. Von Reinhöfer electronic gibt es hierzu den Übertrager 53.55 oder 53.77U. Im Bild unten sind die Anschlüsse des Hammond Übertragers dargestellt. Bei der Ultra-Linear Schaltung wird die Anode von U3 mit dem "Blu" Draht verbunden, das U3 Schirmgitter mit "Blu/Yel". Die Anode von U4 wird mit "Brn" verbunden, das U4 Schirmgitter mit "Brn/Yel". Die 270V Versorgungsspannung wird an den "Red" Draht angeschlossen. Durch die Ultra-Linear Schaltung entsteht eine Gegenkopplung. Das Schirmgitter kontrolliert wie das Steuergitter den Elektronenstrom zwischen Kathode und Anode. Der Schirmgitter-Eingang ist weniger empfindlich als der Steuergitter-Eingang.

Bild links: Fig. 1 aus Blumlein Patent US-2218902. Bild rechts: Anschlussbelegung Hammond 1608 Übertrager.

Arme Leute Netzteil

Ein "Arme Leute" Netzteil genügt für einen Arme Leute Stereoverstärker. Das Netzteil muss pro Kanal als Anodenspannung 270V bei maximal 121mA liefern, dies sind 32.7W. Die Heizspannung ist 6,3V und 3,6A, dies sind 23W. Aus dieser Eingangsleistung produziert der Arme Leute Stereoverstärker eine Ausgangsleistung von 10W. Dieser schlechte Wirkungsgrad hat etwas Gutes, er ist nach Meinung des Autors ein Grund warum Röhrenverstärker so gut klingen. Im Arme Leute Netzteil werden Halbleiterbauteile eingesetzt. Ein oder zwei Trafos liefern die nötigen Wechselspannungen für Anoden- und Heizspannung. Eine einfache Spannungsstabilisierung ersetzt die früher übliche Drossel. Der MOSFET M1 arbeitet als Längsregler. Ein Kurzschluss zwischen den +270V und 0V Ausgängen des Netzteils zerstört den MOSFET.



Die 230V Wechselspannung V1 sollte über einen Entstörfilter geführt werden. Der Entstörfilter und auch der Ein/Ausschalter sind im Schaltplan nicht eingezeichnet. Der Anodenspannungs-Netztrafo hat die Wicklungen L1 und L2 und ist ein Trenntrafo. Trenntrafos haben üblicherweise eine 230V Wicklung und zwei 115V Wicklungen. Die beiden 115V Wicklungen werden in Reihe geschaltet. Der Heizspannungs-Netztrafo ist ein handelsüblicher 6V Trafo mit mindestens 24VA und hat die Wicklungen L5 bis L8. Die Wechselspannung wird mit den Dioden D1 bis D4 gleichgerichtet. Der Elko C5 glättet die Gleichspannung. Die Widerstände R1 und R2 sorgen für eine Entladung des Elkos C5 nach dem Ausschalten. Trotz dieser Entladewiderstände sollte man nach dem Ausschalten des Verstärkers mindestens eine Minute warten bevor man das Gehäuse öffnet. Der Stromschlag von einem geladenen Elko ist unangenehm. Die Spannungsstabilisierung erfolgt durch den MOSFET M1. An dem Gate des Transistors liegt eine Spannung von 275V. Diese Spannung ergibt sich durch die Zener-Spannungen der Zener-Dioden D5 bis D8. Am Source von M1 liegt eine Spannung von 270V. Die Kondensatoren C6 und C10 verhindern wilde Schwingungen von M1. Die Siebkette R4, C7, R5, C8, R6, C9 reduziert den Brumm. Ohne D9 entsteht beim Einschalten eine hohe Spannung zwischen MOSFET Drain und Source welche den MOSFET zerstört.
Der Drain von M1 führt eine Spannung von über 300V und muss isoliert auf den Kühlkörper eingebaut werden.

Bauteil
Beschreibung
Lieferant
Artikel
Entstörfilter
Kaltgerätebuchse, Entstörfilter, Ausschalter, Sicherung
Reichelt
FEH 2101
Sicherung
Sicherung 0,5A träge
Reichelt TRÄGE 0,5A
L1 bis L3
Trenntrafo 230V auf 2*115V; 60VA
Reichelt
TIM 60
L5 bis L8
Netztrafo 230V auf 6V; 25VA
Reichelt EI 60/25,5 106
D1 bis D4
Diode 1N4007
Reichelt 1N 4007
D5
Zenerdiode 82V; 1,3W
Reichelt ZD 68
D6, D7, D8
Zenerdiode 68V; 1,3W
Reichelt ZD 62
M1
MOSFET IRF510
Reichelt TIP 122 STM
Q1 Kühlkörper
Fingerkühlkörper 6K/W
Reichelt
V 4554D
C1 bis C4
Kondensator 10nF, 400V Reichelt
C5
Elko 220uF; 385V
Reichelt BSN 220/385
C6 bis C10
Kondensator 100nF, 400V Reichelt MKS-4-400 100N
R1, R2, R7, R8
Metallschicht 130kΩ
Reichelt 2W METALL 1,0K
R3
Metallschicht 4.7kΩ
Reichelt 2W METALL 3,3K
R4 bis R6
Metallschicht 10kΩ Reichelt

Anstelle der beiden Netztrafos kann für einen Monoverstärker der Reinhöfer electronic Netztrafo 52.37 oder 52.7L95 und für einen Stereoverstärker der Netztrafo 52.01 benutzt werden.

long tail Phasenumkehr

Die Phasenumkehr-Stufe in einem Röhrenverstärker ist zum Großteil für den individuellen "Verstärkerklang" verantwortlich. Neben der "phase splitter" Schaltung ist die "phase inverter" Schaltung bekannt. Der Differenzverstärker mit dem gemeinsamen Kathodenwiderstand, dem long tail, wurde 1937 von Alan D. Blumlein patentiert im US Patent 2185367. Die "phase inverter" Schaltung ist eine spezielle Nutzung der "long tail" Schaltung. Im "Radiotron Designer's Handbook, Fourth Edition" aus dem Jahr 1954 wird die "Schmitt phase inverter" Schaltung beschrieben. Für einen HiFi Röhrenverstärker ist die "long tail" Schaltung üblich. Bei etlichen Gitarren-Verstärkern wurde sie auch eingesetzt.

Bild links: Long tail Verstärker aus Alan D. Blumlein Patent von 1937. Die Röhren 3, 4 bilden den Differenzverstärker mit Widerstand 5 als long tail.
Bild rechts: Phase inverter aus Radiotron Handbook, Ausgabe 1954

Der 15000Ω Widerstand in der Radiotron Schaltung bildet den "long tail". Im Idealfall wirkt dieser Widerstand wie eine Stromquelle und bestimmt den Kathoden-Strom. Das linke Steuergitter der Doppel-Triode wird angesteuert, das rechte Steuergitter wird nicht angesteuert. Wenn nun der Anodenstrom in der linken Triode steigt, dann muss der Anodenstrom in der rechten Triode um den gleichen Betrag sinken, weil die Summe der beiden Anodenströme, der Kathodenstrom, ja konstant ist. Über den gemeinsamen "long tail" Widerstand ergibt sich die Erzeugung von zwei gegenphasigen Signalen. Der 1500Ω Widerstand sorgt für einen Spannungsunterschied zwischen Steuergitter und Kathode. Wie oben schon beschrieben muss die Kathode immer positiver als das Steuergitter sein, damit die Elektronenröhre ohne Eingangsleistung angesteuert werden kann. Der Spannungsabfall an dem  1500Ω Widerstand liegt zwischen 1V und 2V.

Arme Leute Röhrenverstärker Nr. 2

Der Arme Leute Verstärker Nr.2 benutzt die seit den 1950er Jahren übliche "long tail" Phasenumkehr-Schaltung. Die Schaltung enthält einige zusätzliche Bauteile. R1, R2, R12 und R13 reduzieren die Schwingneigung der Schaltung. Diese Widerstände sollen direkt an die Röhrenfassung gelötet werden. C3, C4, C7 und C8 kompensieren die Gitter-Anoden-Kapazität. Dadurch steigt die obere Grenzfrequenz. Diese kleinen Kapazitätswerte werden oft durch zwei verdrillte isolierte Drähte realisiert. R16 und R17 sind Sicherungswiderstände. Bei einer Unterbrechung zwischen Anode und Ausgangsübertrager fließt ein hoher Strom durch diese Widerstände. Durch die Überlastung soll der Widerstand hochohmig werden und die Zerstörung der Endpentode verhindern. Die wichtigste Verbesserung ist der Trimmer R19. Damit wird der Verstärker auf minimalen Klirrfaktor (Oberwelle) eingestellt. Die Verstärkung von U1 und U2 ist nicht gleich. Einmal wegen den Bauteiletoleranzen der Röhren, aber auch aufgrund der "long tail" Schaltung. Die ECC81 Röhre ist eigentlich eine UKW Röhre. Als Treiberstufe für zwei EL84 ist sie besser geeignet als die ECC83.



Simulationswerte

Bei 10W Ausgangsleistung ist Intermodulation 43.8dB bei zwei Sinustönen gleicher Amplitude und 10kHz sowie 10.2kHz Frequenz. Die Oberwellen liegen bei 43.7dB. Die Spannungsverstärkung ist 19.7dB. Der Frequenzgang reicht von 36Hz bis über 400kHz. Diese obere Grenzfrequenz dürfte nicht erreicht werden. Die Simulation des Ausgangsübertragers enthält keine Kapazitäten.

Arme Leute Röhrenverstärker Nr. 3

Der Arme Leute Verstärker Nr.3 kombiniert die "long tail" Phasenumkehr-Schaltung mit der Ultra-Linear Ausgangsstufe. Ein richtiger Ausgangsübertrager wie der Hammond 1608 oder der Reinhöfer Übertrager 53.55 dürfte das teuerste Bauteil im Arme Leute Verstärker sein. An dieser Stelle ist das Geld gut angelegt. Die Ultra-Linear Ausgangsstufe hat auch in der Simulation die besten Werte von Intermodulation und Oberwellen.

Arme Leute Röhrenverstärker Nr. 4

Der Arme Leute Verstärker Nr.4 bedient die Trioden-Schaltung Nostalgie. Zwei EL84 in Triodenschaltung liefern nur 5 Watt Ausgangsleistung. Die Pentoden- und Ultra-Linear-Schaltung liefern 10 Watt Ausgangsleistung. Die Simulationswerte für Intermodulation und Oberwellen sind nicht besser als in der Pentodenschaltung. Der Arme-Leute Verstärker Nr.2 kann sehr einfach in einen Arme-Leute Verstärker Nr.4 umgebaut werden. In beiden Fällen genügt ein Netztrafo als Ausgangsübertrager. Vielleicht hört man ja den Trioden-Sound, auch wenn man den Trioden-Sound nicht simulieren kann. Der Nr. 2 Verstärker ist übrigens ein guter Pentoden-Verstärker. Wenn man einen schlechten Pentoden-Verstärker zum guten Trioden-Verstärker umbaut ist die Klangverbesserung deutlicher zu hören.



Fakt und Fiktion über Röhrenverstärker

Die Bauteile für den "Arme Leute" Röhrenverstärker kosten ungefähr 200€. Es gibt aber auch Röhrenverstärker für 10000€ und mehr. Selbst eine einzelne ECC83 Doppel-Triode wird für 200€ angeboten. Was ist Fakt und was ist Fiktion bei diesen Preisen? Ein teurer Röhrenverstärker sollte besser aussehen als ein billiger Röhrenverstärker, soweit dürften alle noch zustimmen. Ob ein teurer Röhrenverstärker auch besser klingt als ein billiger Röhrenverstärker ist eine schwierige Frage. Zuerst einmal ist zu klären was dieses "klingt besser" überhaupt bedeutet. Der Black Cat Röhrenverstärker der TU Berlin versucht die Ursache des guten HiFi Klanges eines Röhrenverstärkers zu ergründen. Was sind die Erkenntnisse? Anstelle von dem Klirrfaktor sind der Differenztonfaktor und der Intermodulationsfaktor wichtig für den subjektiven guten Klang. Für die Klirrfaktor-Messung wird ein Sinuston durch den Verstärker geschickt. Bei einer Intermodulationsmessung werden zwei unterschiedliche Sinustöne durch den Verstärker gejagt. Im Idealfall kommen auch nur zwei Sinustöne aus dem Verstärker heraus. In der Praxis entstehen viele Mischprodukte. Laut TU Berlin produziert ein Röhrenverstärker weniger von diesen Intermodulations-Mischprodukten.
Die Hochschule Regensburg untersucht Gitarrenverstärker. Hier gibt es noch nicht so viele Erkenntnisse wie beim Thema HiFi Verstärker. Besonders die Abgrenzung zwischen Effekt-Gerät mit erwünschten Verzerrungen und linearen Verstärker ohne Verzerrungen fällt beim Gitarren-Röhrenverstärker schwer. Eine Erkenntnis ist der Einfluss von Induktivitäten am Verstärker-Eingang und -Ausgang auf den Klang. Der Gitarren pick up ist eine Induktivität, der Lautsprecher ebenfalls. Besonders der Klang eines Röhrenverstärkers ohne Gegenkopplung lässt sich durch die angeschlossenen Induktivitäten verändern.

Kondensator

Prof. Dr.-Ing. Manfred Zollner von der Hochschule Regensburg schimpft, nach Meinung des Autors zu Recht, über den Kondensator Hype. Die im "Arme Leute" Röhrenverstärker eingebauten Kondensatoren und Elkos sind normale Ware. Teure Kondensatoren sind in einem Niederfrequenzverstärker nicht besser als normale Ware. Nach Hr. Zollner gibt es nur einen Fakt in der ganzen Kondensator-Fiktion: Wird eine Draht in einem frei verdrahteten Röhrenverstärker bewegt, ändert sich die Kapazität zwischen diesem Draht und allen umliegenden Bauteilen. Eine Änderung der Draht zu Umgebung Kapazität kann eine Klangänderung bewirken, wenn sich die Eingangskapazität der Elektronenröhre ändert. Bei einem Verstärker ohne Rückkopplung ist dieser Effekt stärker als bei einem Verstärker mit Gegenkopplung. Wenn der Kondensator nicht vor dem Austausch defekt war, dann hätte man die Klangänderung durch den Super-Duper Kondensator auch alleine durch Bewegen des Drahtes im Verstärker bewirken können.

Elektronenröhre

Wenn Kapazitäten am Eingang der Röhre so wichtig sind, was passiert eigentlich beim Röhrentausch? Eigentlich das Gleiche wie beim Bewegen eines Drahtes im Verstärker. Aufgrund der Fertigungstoleranzen hat jede Röhre etwas andere Eingangskapazitäten. Diese Unterschiede gibt es zwischen einzelnen Röhren, egal ob die Röhren von einem Hersteller oder von unterschiedlichen Herstellern stammen. Wenn jemand schreibt: "seit dem ich die ECC83 von Firma XY in meinen Verstärker benutzte, klingt der Verstärker besser", dann mag dies für den Einzelfall korrekt sein. Es dürfte aber nicht korrekt sein, das jede Röhre von Firma XY jedem Verstärker einen besseren Klang gibt. Das Bild unten zeigt zehn verschiedene Versionen der Doppel-Triode ECC83 aus aktueller Produktion. Der Versandhändler Antique Electronic Supply bietet diese Varianten der ECC83 als T-12AX7-SET für 99,95 US-$ an. Es ist gut möglich das in einem Verstärker nicht jede der zehn Röhren auch gleich klingen. Welche Röhre in welchem Verstärker für welchen Hörer nun besser klingt dürfte mehr ein Zufallsergebnis sein als alles andere. Meine Empfehlung: Bevor jemand 100 US-$ für eine einzige ECC83 Röhre ausgibt, sollte er das Set mit zehn Röhren kaufen und die Röhren durchprobieren. Das nur Röhren aus der Produktion vor 1965 gut klingen ist ein Irrglaube. So wie früher Valvo und Telefunken ihr Handwerk verstanden, so verstehen heute Sovtek und Electro-Harmonix die Röhrenherstellung. Es ist kein "magisches" Wissen über die Röhrenherstellung verloren gegangen.



Bild: 10 Röhren vom Type ECC83 aus aktueller Produktion.

Übertrager

Der Ausgangsübertrager ist oft das teuerste Bauteil in einem Röhrenverstärker. Der "Arme Leute" Verstärker benutzt einen Netztrafo als Ausgangsübertrager. Was sind die Fakten bei einem Ausgangsübertrager? Der Ausgangsübertrager ist im Vergleich zum Kondensator ein kompliziertes Bauteil. Bei gleichem Äußeren kann der innere Aufbau recht unterschiedlich sein. Die unterschiedlichen Qualitäten eines Übertragers lassen sich messen. Ein guter Übertrager sollte den ganzen HiFi Frequenzbereich von 20Hz bis 20kHz übertragen. Die magnetische Kopplung zwischen den einzelnen Wicklungen sollte möglichst gross sein. Die magnetische Kopplung zwischen der ersten Primärwicklung und der Sekundärwicklung sollte genauso groß sein wie die magnetische Kopplung zwischen der zweiten Primärwicklung und der Sekundärwicklung. Der Übertrager sollte bei keiner Frequenz mechanische Bewegungen ausführen die z.B. als Brummgeräusche zu hören sind.
Qualitätsunterschiede zwischen Ausgangsübertragern werden schon im Datenblatt angegeben. Der günstige Übertrager Hammond 125D von z.B. Tube-Town hat einen Frequenzbereich von 150Hz bis 15kHz. Der teure Übertrager Hammond 1608 hat einen Frequenzbereich von 30Hz bis 30kHz. Dieser Unterschied im Frequenzgang ist nicht nur messbar, sondern auch hörbar. Beim Ausgangsübertrager steigt die Qualität mit dem Preis. Mit dem Hammond P-T1608 oder dem Reinhöfer electronic Übertrager 53.55 erreicht man schon eine sehr gute Klangqualität. Nach Meinung des Autors ist ein Ringkern- oder Schnittbandkern-Ausgangsübertrager nicht nötig. Der Ringkern-Übertrager VDV8020PP von Amplimo dürfte nicht besser klingen als die beiden empfohlenen Übertrager. Der Preis ist aber deutlich höher.
Ein Netztrafo als Ausgangsübertrager dürfte einen Frequenzbereich wie der Hammond 125D haben. Ein Gegentakt-Ausgangsübertrager benötigt übrigens keinen Luftspalt. Der Ruhestrom der Endpentoden ist ein Gleichstrom und erzeugt im Ausgangsübertrager ein konstantes Magnetfeld. So weit, so richtig. Die beiden konstanten Magnetfelder arbeiten gegeneinander und heben sich dadurch auf. Die Gleichstrombelastung eines Gegentakt-Übertragers ist somit nicht die Summe der Ruheströme der Endröhren, sondern die Differenz der Ruheströme. Die Differenz der Ruheströme liegt bei maximal 20% eines einzelnen Ruhestromes, auch bei "unmatched" Röhren. Eine solche kleine Gleichstrombelastung verträgt auch ein Kern ohne Luftspalt ohne in die magnetische Sättigung zu gehen. Im schlimmsten Fall wählt man den Ausgangsübertrager eine Nummer größer um die Gleichstrombelastung "wegstecken" zu können. Der Hammond 1608 ist für 10VA ausgelegt, der im Arme Leute Verstärker als Ausgangsübertrager eingesetzte Netztrafo verkraftet 14VA.

Simulation von Röhrenverstärker mit LTSpice

Die Entwicklung der Röhrenverstärker war nicht schwer, es gibt genügend viele Vorlagen. Die Arme Leute Schaltungen sollten aber auch mit LTSpice simuliert und optimiert werden. Im Internet gibt es einige Seiten zum Thema Elektronenröhren Simulation mit SPICE, wie die von Norman L. Koren Finding SPICE tube model parameters. Leider sind alle mir bekannten SPICE Modelle nicht gut geeignet um Ultra-Linear Schaltungen zu simulieren. Üblicherweise gibt es für eine Endpentode zwei SPICE Modelle. Einmal für den Pentoden Betrieb und einmal für den Trioden Betrieb. Der Ultra-Linear Betrieb steht zwischen dem Pentoden-Betrieb mit Schirmgitter an fester Gleichspannung und Trioden Betrieb mit Schirmgitter verbunden mit Anode.
Eine gute Einleitung in die Theorie der Elektronenröhren ist immer noch der 1919 von Heinrich Barkhausen veröffentlichte Artikel "Die Vakuumröhre und ihre technischen Anwendungen". Im Jahr 1922 hat Franz Tank von dem Physikalischen Institut der Universität Zürich in dem Artikel "Zur Kenntnis der Vorgänge in Elektronenröhren" ein leistungsfähiges Elektronenröhren-Modell vorgestellt. Er schreibt: "Ein wesentliches Problem, die Erörterung des Kennlinienverlaufs im Gebiete positiver Gitter- und Anodenspannungen, ist bis jetzt noch wenig in Angriff genommen worden". Barkhausen zeigt in seinen Artikel eine Stromverteilungs-Kennlinie, er gibt aber keine Formeln dazu an.


Bild: Stromverteilung von Kathodenstrom Je auf Steuergitter Jg und Anode Ja in Abhängigkeit von den Spannungen aus Barkhausen "Die Vakuumröhre ...", Fig. 2



Bild: E88CC Triode Kennlinie schwarz, Tank-Modell farbig. In der E88CC Kennlinie sind auch positive Gitterspannungen eingetragen.

Die Erkenntnisse von Tank über die Aufteilung des Kathodenstromes in Steuergitter- und Anodenstrom bei positiven Spannungen an Steuergitter und Anode lassen sich direkt auf Tetrode und Pentode übertragen. Bei diesen Röhren findet die Kathodenstromverteilung  zwischen Schirmgitter und Anode statt. Das Steuergitter liegt an einer negativen Spannung. Im Modell von Tank wird zuerst der Kathodenstrom berechnet. Im zweiten Schritt wird der Kathodenstrom auf die Gitter mit positiver Spannung aufgeteilt. Mit dem Tank Modell kann Pentoden- und Trioden-Betrieb von Endpentoden gut simuliert werden.




Bild oben: Pentode EL84 Pentode-Kennlinie in Schwarz, Tank-Modell in Farbe.
Bild unten: Pentode EL84 Triode-Kennlinie in Schwarz, Tank-Modell in Farbe.

Das Tank-Modell für Tetroden und Pentoden wird auf englisch beschrieben in der PDF Datei History of the Vacuum Tube Theory, SPICE models vom Autor. In der Datei tubes.cir sind die Elektronenröhre-Modelle als SPICE Sub-circuits enthalten. Hier die Modelle von einigen bekannten Pentoden und Trioden:

.SUBCKT 6L6WGB K G G2 K A
* Cathode G1 G2 G3 Anode
* 26W pentode G3=K, Bariumoxyd, no g1 current
.param mu=8.5 m=1.65 G=1.07m Ga=14.1u Ve=-2.12 Dg=710m B=100m n=500m
.func f(Vg,Vg2,Va) {(G+Ga*Vg)*uramp(Vg2/mu+Dg*Vg+Ve)**m/(Va**n+B*Vg2**n)}
Ra    A    A1   200
Cg    G    K    11.5p
Ca    A1   K    9.5p
Cag   A1   G    0.9p
Ba    A1   K    I=f(V(G,K),V(G2,K),V(A1,K))*V(A1,K)**n
Bg2   G2   K    I=f(V(G,K),V(G2,K),V(A1,K))*B*V(G2,K)**n
.ENDS

.SUBCKT EL34 K G G2 K A
* Cathode G1 G2 G3 Anode
* 6CA7, 25W pentode G3=K, Mullard datasheet
.param mu=11 m=1.5 G=-5.85 Ga=35.5m Ve=1.82 Dg=724m
+ B=283m n=0.5 Vw=-1.73 Vo=86.2m Io=37.6k
.func f(Vg,Vg2,Va) {exp(G+Ga*Vg)*(Vg2/mu+Dg*Vg+Ve)**m/(Va**n+B*Vg2**n)}
.func h(Vg,Vg2) {exp(G+Ga*Vg)*(Vg2/mu+Dg*Vg+Ve)**m}
Ra    A    A1   133
Cg    G    K    15.2p
Ca    A1   K    8.4p
Cag   A1   G    1.1p
Ba    A1   K    I=f(V(G,K),V(G2,K),V(A1,K))*V(A1,K)**n
Bg2   G2   K    I=f(V(G,K),V(G2,K),V(A1,K))*B*V(G2,K)**n
Bg    G    K    I=if(V(G,K)<Vw,Io*exp(V(G,K)/Vo),h(V(G,K),0))
.ENDS

.SUBCKT EL84 K G G2 K A

* Cathode G1 G2 G3 Anode
* 6BQ5, 12W pentode G3=K, Philips datasheet
.param mu=19 m=1.5 G=-5.68 Ga=25.5m Ve=458m Dg=916m
+ B=115m n=500m Vw=-321m Vo=86.2m Io=7.14m
.func f(Vg,Vg2,Va) {exp(G+Ga*Vg)*(Vg2/mu+Dg*Vg+Ve)**m/(Va**n+B*Vg2**n)}
.func h(Vg,Vg2) {exp(G+Ga*Vg)*(Vg2/mu+Dg*Vg+Ve)**m}
Ra    A    A1   125
Cg    G    K    10.8p
Ca    A1   K    6.5p
Cag   A1   G    0.5p
Ba    A1   K    I=f(V(G,K),V(G2,K),V(A1,K))*V(A1,K)**n
Bg2   G2   K    I=f(V(G,K),V(G2,K),V(A1,K))*B*V(G2,K)**n
Bg    G    K    I=if(V(G,K)<Vw,Io*exp(V(G,K)/Vo),h(V(G,K),0))
.ENDS

.SUBCKT ECC81 A G K
* 12AT7, Philips datasheet
.param mu=60 m=1.5 G=-5.79 Ga=240m Ve=154m Dg=608m
+ B=0.1 n=0.5 Vw=-61.4m Vo=86.2m Io=173u
.func f(Vg,Va) {exp(G+Ga*Vg)*(Va/mu+Dg*Vg+Ve)**m/(Va**n+B*Vg**n)}
Ra    A    A1   500
Cg    G    K    2.3p
Ca    A1   K    0.45p
Cag   A1   G    1.6p
Ba    A1   K    I=f(V(G,K),V(A1,K))*V(A1,K)**n
Bg    G    K    I=if(V(G,K)<Vw,Io*exp(V(G,K)/Vo),f(V(G,K),V(A1,K))*B*V(G,K)**n)
.ENDS

.SUBCKT ECC82 A G K
* 12AU7, Philips datasheet
.param mu=17 m=1.5 ma=0 G=-7.28 Ga=54.2m Ve=483m Dg=806m
+ B=0.1 n=0.5 Vw=-290m Vo=86.2m Io=2.1m
.func f(Vg,Va) {exp(G+Ga*Vg)*(Va/mu+Dg*Vg+Ve)**m/(Va**n+B*Vg**n)}
Ra    A    A1   1m
Cg    G    K    1.8p
Ca    A1   K    0.5p
Cag   A1   G    1.6p
Ba    A1   K    I=f(V(G,K),V(A1,K))*V(A1,K)**n
Bg    G    K    I=if(V(G,K)<Vw,Io*exp(V(G,K)/Vo),f(V(G,K),V(A1,K))*B*V(G,K)**n)
.ENDS

.SUBCKT ECC83 A G K
* 12AY7, Philips datasheet
.param mu=100 m=1.5 G=-6.82 Ga=146m Ve=613m Dg=868m
+ B=0.1 n=0.5 Vw=-513m Vo=86.2m Io=12.2m
.func f(Vg,Va) {exp(G+Ga*Vg)*(Va/mu+Dg*Vg+Ve)**m/(Va**n+B*Vg**n)}
Ra    A    A1   1m
Cg    G    K    1.6p
Ca    A1   K    0.46p
Cag   A1   G    1.7p
Ba    A1   K    I=f(V(G,K),V(A1,K))*V(A1,K)**n
Bg    G    K    I=if(V(G,K)<Vw,Io*exp(V(G,K)/Vo),f(V(G,K),V(A1,K))*B*V(G,K)**n)
.ENDS

.SUBCKT E88CC A G K
* 6DJ8, 6922, Philips datasheet
.param mu=33 m=1.75 G=6.39m Ga=269u Ve=51.4m Dg=828m
+ B=0.1 n=0.5 Vw=-41.1m Vo=25m Io=11.1u
.func f(Vg,Va) {(G+Ga*Vg)*uramp(Va/mu+Dg*Vg+Ve)**m/(Va**n+B*Vg**n)}
.func h(Vg,Va) {(G+Ga*Vg)*uramp(Va/mu+Dg*Vg+Ve)**m}
Ra    A    A1   500
Cg    G    K    3.3p
Ca    A1   K    1.75p
Cag   A1   G    1.4p
Ba    A1   K    I=f(V(G,K),V(A1,K))*V(A1,K)**n
Bg    G    K    I=if(V(G,K)<Vw,Io*exp(V(G,K)/Vo),h(V(G,K),0))
.ENDS

Röhren Modelle in LTSpice bekanntmachen

Diese SPICE Datensätze gehören in die Datei tubes.lib. Diese Datei ist im Unterverzeichnis LTSpice von roehrenverstaerker.zip zu finden. Um die graphische Darstellung im Layout-Editor von LTSpice mit dem SPICE Modell zu verbinden sind die Dateien pentode.asy und triode.asy nötig. Die Datei potiometer.asy ist die graphische Darstellung des SPICE Modells divider.sub, eines einstellbaren Spannungsteilers. Damit LTSpice die Dateien findet, müssen einige Dateien im LTSpice lib Unterverzeichnis abgelegt werden. Bei normaler Installation ist dieses Unterverzeichnis unter C:\Programme\LTSpiceIV zu finden. Das Unterverzeichnis Ham ist kein Standard LTSpice Verzeichnis und muss zuerst erzeugt werden.

Dateien
nach Verzeichnis
divider.sub
LTspiceIV\lib\sub
*.asy
LTspiceIV\lib\sym\Ham

Die  *.asc Dateien enthalten die LTSpice Layouts für die Arme Leute Röhrenverstärker und das Netzteil.